Rede des Bürgermeisters am 09.03.2024 auf dem Fest der Demokratie

Liebe Aktive und Mitstreitende, 

liebe Wolfenbüttelerinnen und Wolfenbütteler, 

von hier oben sieht das großartig aus. Ich bin stolz darauf, dass Ihr Euch auf den Weg gemacht habt. Herzlich willkommen bei unserem Fest für die Demokratie! 

Wieso stehen wir heute hier? 

Am 10. Januar hat das Recherche-Netzwerk correctiv über das Treffen von Neonazis, finanzstarken Unternehmern, hochrangigen AfD-Politikern und Mitgliedern der Werteunion in einem Hotel in Potsdam berichtet. 

Bei diesem Treffen am 25. November 2023 planten die Teilnehmer die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland. Sie sprachen explizit darüber, dass deutsche Staatsbürger mit Migrationsgeschichte dazu gedrängt werden sollten, das Land freiwillig zu verlassen. 

Eine Vertreibung, die als programmatischer Euphemismus mit dem Begriff „Remigration“ Inhalt der politischen Zielsetzung der Neuen Rechten und der AfD ist. Bis heute hat keiner der AfD-Teilnehmenden an dem Treffen bestritten, dort über Pläne, Menschen aus Deutschland zu verdrängen, beraten zu haben. Und leider hat auch von unseren AfD-Vertretern vor Ort keiner diese Pläne verurteilt, was mich traurig stimmt. Ohne den Holocaust marginalisieren zu wollen – fühlte ich mich unweigerlich an dunkle Zeiten und die Wannseekonferenz erinnert. 

Wir alle sind heute aus einem guten Grund hier versammelt! Wir stehen hier gemeinsam für unsere Demokratie und unsere Grundrechte ein. 

Ja, Demokratien und ihre Verfassungen sind nicht immun gegen extremistische Strömungen. Insbesondere wenn Bürgerinnen und Bürger mit Ihrer Stimme bei Wahlen gleich welcher Art Extremisten Regierungsverantwortung in die Hände legen. 

Da spielt es dann keine Rolle, ob Extremisten aus persönlicher Überzeugung oder aus Frust, als Denkzettel für die anderen Parteien oder gegen die da oben gewählt werden. 

Wer Extremisten wählt, wählt Extremisten. Punkt! 

Vom 6. bis zum 9 Juni finden die Europawahlen statt. 

Und ich appelliere an jede und jeden, dem unser Europa am Herzen liegt, geht zur Wahl und gebt mit Eurer Stimme Extremisten KEINE Chance.  

Liebe Freunde der Demokratie wir sind zusammengekommen. 

Wir sind zusammengekommen, um das Blatt zu wenden. 

Wir setzten heute ein klares Zeichen mit unserer Stimme gegen Extremismus und Spaltung und für die Werte unserer Demokratie. 

Wir werden aktiv und sind jetzt nicht mehr zu übersehen und zu überhören. Ich freue mich, dass derzeit in unseren Städten in der Region und bundesweit Demonstrationen stattfinden und die bisher schweigende Mehrheit zeigt, dass sie nicht bereit ist, die Straßen und den öffentlichen Raum Demagogen und Extremisten zu überlassen. 

Hier in Wolfenbüttel hat das Bündnis gegen Rechtsextremismus am 03.02. die erste Demo veranstaltet. Und heute machen wir mit unserer Veranstaltung weiter und zeigen Gesicht für unsere Demokratie.  

 

Als ich am 30.01. gemeinsam mit unserer Landrätin – Frau Steinbrügge, Vertreterinnen und Vertreter aus unserer Stadtgesellschaft eingeladen habe, sind alle gekommen. Die Glaubensgemeinschaften, politische Fraktionen, die Schulen, unsere Vereine und Verbände, verschiedene Institutionen, Kulturschaffende und Ehrenamtliche. 

Das hat gezeigt, wie sehr uns die Entwicklung in unserer Gesellschaft bewegt. Deshalb danke ich allen, die hier heute ihren Beitrag leisten und gemeinschaftlich hinter dieser Aktion stehen! 

Vielen Dank an Euch, dass Ihr unsere Botschaft und unser gemeinsames Motto nach außen tragt. 

“Die Würde des Menschen ist unantastbar” 

Das ist der erste Satz des ersten Artikels unseres Grundgesetzes und wir sind heute hier, weil wir uns zur Unverletzlichkeit und Unveräußerlichkeit der Menschenrechte als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft – auch unserer in Wolfenbüttel-, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt bekennen. 

Wenn unsere Grundwerte durch extremistische Aktionen infrage gestellt werden, dann ist es unsere Pflicht und Verantwortung, darauf zu reagieren. So steht es auch in unserer Wolfenbütteler Erklärung: 

“Die Würde des Menschen ist unantastbar.” 

Das ist der Grundstein unserer Gesellschaft und unseres Zusammenlebens und ihn zu bewahren ist heute und in Zukunft, insbesondere in diesen Zeiten über die nächsten Wochen, Monate und vielleicht auch Jahre unser Auftrag. 

Inzwischen haben sich ca. 1000 Menschen in kürzester Zeit der Wolfenbütteler Erklärung angeschlossen, die sich klar gegen die Spaltung in unserer Gesellschaft und für Vielfalt, Toleranz und Mitmenschlichkeit positioniert. Vielen Dank auch dafür! 

 

Es geht auch ohne Angst. 

Insbesondere an den politischen Rändern werden derzeit Hass und Angst geschürt. Für viele Menschen in unserem Land ist das beherrschende Lebensgefühl derzeit Angst. 

Angst, wovor eigentlich? 

Pandemie? Inflation? Der Migration? Dem Klimawandel? Angst vor Krieg und Konflikten? Angst vor der Globalisierung? Angst vor Überforderung? 

Ja, wir haben uns bisher und müssen uns künftig all diesen Herausforderungen stellen, aber das alles ist kein Grund, Angst zu haben: 

Wir haben die finanziellen Möglichkeiten, wir haben weltweit eines der besten Sozialsysteme, wir sind nach wie vor in der Wirtschaft führend, wir sind Teil der Europäischen Gemeinschaft und der NATO und wir haben kluge Köpfe in diesem Land, die für alle Herausforderungen hart an Lösungen arbeiten und auch Lösungen finden! 

Das Schüren von Angst ist inzwischen zum Leitmotiv einiger politischer Akteure geworden. Und ja, sie wollen uns auch Angst einreden und Angst machen. 

Sie zielen darauf ab, unsere Gesellschaft zu spalten und Menschen gegeneinander aufzubringen. Sie wollen unsere Demokratie wollen unser Deutschland, das Generationen nach dem 2. Weltkrieg gemeinsam aufgebaut haben, beschädigen.  

Wir stehen deshalb hier, um zu zeigen, dass wir das nicht dulden. Wir sind hier, um Mut zu verbreiten und Mut zu geben. – All jenen, die vielleicht Angst haben, die sich Sorgen um ihre Zukunft machen oder unzufrieden sind. 

Wir stehen hier, weil wir stolz auf unsere Demokratie und auf unsere im Grundgesetz verankerten Werte sind! 

Genau diese Werte sind der Leuchtturm, der uns als Teil unser Stadtgesellschaft und als Wählerinnen und Wählern den Weg weist für ein friedliches Miteinander hier in Wolfenbüttel und in diesem Land, in dem jeder Mensch unabhängig von seiner Herkunft, seinem Glauben oder seiner Meinung, Respekt und Anerkennung findet. 

Wir dürfen nicht zulassen, dass Hass und Angst uns dominieren. Angst ist bei der Bewältigung von Herausforderungen kein guter Berater. Angst gefährdet unsere Stabilität und Demokratie und wir dürfen uns von ihr nicht leiten lassen. 

Das ist wie mit der Angst vor dunklen Räumen. Da hilft nur eins: 

Lampe an Licht in die Finsternis und Fakten auf den Tisch! 

Genau das, liebe Freunde der Demokratie ist heute der Grund, wieso wir nicht verurteilen, nicht anklagen, nicht dagegen sind, sondern ein Fest für die Demokratie feiern! 

Deshalb freue ich mich, dass die Jazzkantine sich bereit erklärt hat, unsere Demo zum Fest zu machen. Danke, dass ihr gekommen seid! 

 

Ein Appell 

Bevor ich jetzt das Wort an die Landrätin übergebe, ein letzter Appell: 

Wir alle sind Teil einer Bewegung und wir sind bereit, für unsere Werte einzustehen. Deshalb sind wir heute hier! 

Wir erleben derzeit eine Verrohung des Miteinanders und eine Spaltung. Das drückt sich aus in Angriffen auf Verantwortungsträger, in Politik und Wirtschaft, auf ehrenamtlich Aktive und insbesondere in der Verächtlichmachung von Menschen mit Migrationshintergrund, die unter uns leben, unsere Nachbarn und Freunde sind und manchmal auch Bürgermeister. Gerne wird uns jetzt vorgeworfen, dass wir es sind, die die Gesellschaft spalten möchten, da wir nun Flagge zeigen.  

Es ist daher wichtig, dass diese Bewegung nicht abebbt, sondern der Beginn unseres Einsatzes für unsere demokratischen Grundwerte ist. 

Das ist mir wichtig: Die Lösung liegt in wertschätzenden, offen und ehrlich geführten Diskussionen, dem Ertragen unbequemer Wahrheiten und der Zugewandtheit zu allen Teilen der Gesellschaft insbesondere zu denen, die sich abgehängt, nicht verstanden oder nicht gehört fühlen. 

Die Stärke unserer Demokratie liegt nicht allein in den Gesetzen und Verordnungen, sondern in jedem von uns. Deshalb appelliere ich an Euch, wenn wir nachher auseinandergehen: 

Lasst uns in unserem täglichen Handeln füreinander einstehen. Habt keine Angst, seid mutig, zeigt Gesicht gegen Ungerechtigkeit und für Menschlichkeit, bleibt dabei immer versöhnlich und überzeugt und redet in den Vereinen, im Klub, im Freundeskreis mit Nachbarn, an den Stammtischen über das, was uns seit Jahrzehnten so stark macht: 

Unsere freiheitliche Demokratie! Deutschland, du bist mein Land, Wolfenbüttel, du bist meine Stadt!    Danke!